Von der Holzlasurfarbe hätte Altsegler Picasso besser die Federn gelassen. Er hat eindeutig zu tief in den Farbtopf gegriffen. Das abstrakte Kunstwerk, das Picasso sich unabsichtlich aufs Gefieder gepinselt hat, als er offenbar frisch gestrichene Dachbalken streifte, ist zwar apart anzuschauen, ließ jedoch der Abteilung Gefiedersanierung in der Mauerseglerklinik die Haare zu Berge stehen.
Picassos Malheur bedeutete so richtig Arbeit für uns!
Mechanische Entfernung sowie partielle Reinigung mit Aceton waren im Bereich der stärksten Verklebungen des Körpergefieders hilfreich. Beim Großgefieder entschlossen wir uns gegen das Durchmausern, das bis ins nächste Frühjahr gedauert hätte, und wählten das Schiften in großem Umfang. Ein Entfernen der beschädigten Federn stand zu keiner Zeit zur Debatte, da es zu riskant und mit erheblichen Schäden an den Federanlagen verbunden gewesen wäre.
Picasso erhielt in einer zweieinhalbstündigen OP insgesamt 28 neue Schwung- und Steuerfedern. Sein Körpergefieder ist inzwischen soweit befreit von der Farbe, dass wir ausreichende Isolierfähigkeit zum Überleben draußen für gegeben halten.
Gestern drehte Picasso im Trainingsraum derartig schnelle, souveräne und perfekte Runden, dass die Belegschaft in der Tür stand und begeistert applaudierte. Spätestens am Wochenende wird der noch leicht gescheckte Segler in die Freiheit zurückkehren.
Bitte keine weiteren Farbexperimente mehr, Picasso!