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Lebe wohl, Justus!
Friday, 02. September 2016 10:15
By: Dr. med. vet. Christiane Haupt
Justus

Justus: Schönheit, Kraft und Perfektion © C. Haupt

Justus

Nur 2 Tage jung kam Justus zu uns. © C. Haupt

Justus

Das Baby wächst und gedeiht. Die ersten Federkiele zeigen sich unter der Haut. © C. Haupt

Justus

Das erste Blinzeln! © C. Haupt

Justus & Lukas

Justus hat ein Geschwisterchen bekommen: Lukas! © C. Haupt

Chillen

Chillen auf die originelle und auf die konventionelle Art. © C. Haupt

Justus, Sesemi, Eleni & Lukas

Inzwischen sind sie zu viert: Justus, Sesemi, Eleni und Lukas. Halbwüchsige Rabauken! © C. Haupt

Justus

Justus, erwachsen. © C. Haupt

Justus

Die zentralnervöse Symptomatik verschlimmert sich von Tag zu Tag … © C. Haupt

 

Sieben Wochen lang, fast vom ersten Tag an, durfte ich dich durch dein junges Leben begleiten. Du warst erst zwei oder drei Tage jung, als du am 8. Juli aus Heidelberg zu uns gebracht wurdest. Viele Sorgen in der Anfangszeit... Dein zarter Körper hatte durch den Absturz Hämatome davongetragen. Ein Wunder, dass Du überlebt hast! Immerzu kontrollierte ich dein Nestchen - war es auch nicht zu warm, nicht zu kalt... Fütterte dich mit winzigsten Grillen. Freute mich wie ein Schneekönig über die ersten Kleckse, über die ersten sprießenden Federkiele, über das erste Blinzeln. Jede Mutter weiß was ich meine!

Du warst kräftig und vital. Aus dem nackten Wurm wurde ein stacheliges Baby. Dick und hungrig, kerngesund. Und endlich kam ein Geschwister: Lukas! Endlich kuscheln, gemeinsam dösen, um die schönsten Grillen wetteifern. Du gediehst prächtig und warst das schönste Seglerkind, das man sich nur denken konnte. Schon bald wart ihr zu dritt: Eine kleine Schwester zog in die liebevoll gebastelte Spanschachtel ein, in der du von Heidelberg gekommen warst wie weiland Moses in seinem Schilfkörbchen. Dein kleiner Finder hatte sie dir mitgegeben, zusammen mit deinem Namen: "NAMÄ JUSTUS" stand darauf gemalt.

Es wurde allmählich etwas eng in eurem Nest, als nun auch noch das zweite Schwesterchen Sesemi dazukam. Aber ihr fandet das klasse. Je enger man sich zusammenkuscheln konnte, desto besser! Ihr wart meine kleine "KITA Sonnenschein". Die ganze Zeit über stand die Spanschachtel an meinem Fütterungsplatz. Und so manches Mal, wenn die Tage allzu lang, allzu verzweifelt und ich allzu müde war, musste ich nur in eure vorwitzigen Gesichter schauen, eure unersättlichen Schnäbel füllen und eure warmen, weichen, flauschigen Körper streicheln, und die Welt war wieder in Ordnung. Das war Seelenbalsam und hat mir soviel Kraft gegeben!

Die Welt war nicht mehr ganz so in Ordnung, als ihr größer wurdet und sich bei Lukas und Eleni Gefiederschäden abzeichneten. Sesemi, die Jüngste, war noch zu jung für eine endgültige Beurteilung. Aber Justus, mein wunderschöner Justus, war makellos! Aus dem lebhaften, nimmersatten und dickbäuchigen Kind wurde ein schlanker, prachtvoller Jungsegler, der sich merklich streckte. Der schönste, den ich je gesehen habe! Und wenn auch das Herz ein bisschen schwer wurde ob des bevorstehenden Abschieds, so jubelte es doch zugleich darüber, dass du nun bald kraftvoll in die Lüfte steigen würdest, deiner Bestimmung entgegen!

Dein Appetit lässt nach, dein Blick geht zum Fenster. Du wirst unruhig in deiner Box und beginnst zu toben. Wir machen den Fenstertest, fertigen Abschiedsfotos an und schreiben deinen Namen stolz auf die Startliste. Dein allererster Versuch im Trainingszimmer ist dümpelig, aber wir denken uns nichts dabei. Etwas Training, und dann wirst du schon deine Runden ziehen wie die anderen auch! Morgen...

Du schmierst ab und knallst orientierungslos in die Gardine. Der Schock sitzt tief. Was geschieht hier!? Die Augen, ist etwas mit den Augen...? Nein, deine Augen sind in Ordnung. Ängstlich und verständnislos schaust du mich an und erzählst mir mit vielen atemlosen Sri-Srii's, dass du nicht verstehst, warum du nicht fliegen kannst, und dass es dir Angst macht. Mir auch! Ich checke deine Behandlungen - Vit.B, Entwurmung, alles okay. Sicherheitshalber wiederhole ich die Vit.B-Injektion. Am nächsten Tag wird es schlimmer. Du verdrehst nun den Kopf. Fällst auf den Rücken und jammerst. Zurück in Deiner Box tobst du wie ein Irrer und schlägst die wunderbaren langen Schwingen an die Wände. Es hört sich an wie unablässiges Maschinengewehrfeuer. Ich begreife, dass das pathologisch ist...

Ratlosigkeit, Betroffenheit. Gedämpfte Stimmung in der Klinik. Alle sind unglücklich und leiden mit. Diagnostisch wird jede Möglichkeit ausgeschöpft. Erfolglos. Die neurologischen Ausfallserscheinungen verschlimmern sich von Tag zu Tag. Deine Geschwister fürchten sich vor dir, weil sie dein seltsames Verhalten nicht begreifen. Als es zum ersten Mal passiert, dass du dich anfallartig in ihnen verkrallst, müssen wir dich von ihnen trennen und fortan einzeln setzen. Allein! Du singst mich leise und traurig an, du begreifst nicht was mit dir geschieht, und ich kann dir nicht helfen, es zerreißt mir das Herz...

Wir vermuten ein Blutgerinnsel im Hirn, vielleicht vom ersten Absturz her stammend, das sich gelöst hat, als du mit deinen Übungen begannst, und nun irgendwo im Kleinhirn festsitzt. Und eine Nekrose bewirkt. Deine Pupillen werden weit und lichtstarr. Ständig nun zeigt deine schneeweiße Kehle nach oben. Du kreiselst in der Box und hast jede Kontrolle über deine Bewegungsabläufe verloren. Und so sehr ich mich immer noch dagegen sträube, - ich weiß, dass der Tag gekommen ist, dass ich nicht länger warten darf. Du leidest...

Ich brauche drei Anläufe, ehe ich endlich mit dir am Fenster stehe, mit dir in den Himmel schaue, in den du hättest aufsteigen sollen. Der bildhübsche Jungsegler Cisco, der einen ausgerenkten und versteiften Ellbogen hat, sitzt neben dir in meinen Händen und wird dich begleiten. Ungeachtet seiner eigenen Verletzung hat er sich immer liebevoll um andere, schwächere Gefährten gekümmert, sie geputzt und den Flügel über sie gebreitet; er war der Engel meiner Krankenstation. Ich erzähle euch von dem anderen Himmel, der über unserem liegt und soviel schöner und lichter ist, azurfarben und golden. Vom Kirschblütental, über das ihr fliegen werdet. Und wieviele andere ihr dort treffen und wie glücklich ihr sein werdet. Und dass ihr jetzt nur die Augen schließen müsst, und wenn ihr sie wieder öffnet, seid ihr dort...

Sie schließen langsam die Augen, erst Cisco, dann Justus. Sie lassen mich zurück. Ob ich sie jemals wiedersehe - drüben, im Kirschblütental? Jetzt, da ich dies hier schreibe, liegen ihre schönen Hüllen nebenan in eine Schale gebettet, und eine Kerze brennt daneben. Wen die Götter lieben, der stirbt jung, so hat Plutarch gesagt.

Lebe wohl, Justus, lebe wohl, Cisco!
Fliegt frei und glücklich bis in alle Ewigkeit...

Buchenstraße 9
D-65933 Frankfurt

Tel.:+49(69)35 35 15 04
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