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Weihnachtsbrief 2021
Freitag, 24. Dezember 2021 15:00
Von: Dr. med. vet. Christiane Haupt

© DGfM


Marlyssa erbebt. Dann – schneller als das Auge folgen kann – breitet sie die Schwingen und springt
ins Leere. Schwerelos, windschnell jagt sie die Straße entlang und ist wenig später nur noch ein
dunkler Punkt in Himmelshöhe. Das ist er, der Moment auf den wir hinarbeiten, dem wir entgegenfiebern,
Tag für Tag, Jahr für Jahr. Füttern von früh bis spät, Intensivbetreuung und Notfallmedizin, Wund-
und Frakturversorgung, Gefiedersanierung, Physiotherapie und Flugtraining, - jeder Aufwand hat sich
gelohnt, wenn unsere Patienten glücklich in die Freiheit zurückkehren. Über 400mal durften wir
diesen unvergleichlichen Moment in der Saison 2021 erleben, zuletzt vor kurzem unter südlicher
Sonne, wo 15 flitzige Mauersegler und zwei stattliche junge Alpensegler, Ardo und Ravi aus Lyon,
in den blauen Kanarenhimmel starteten. Nun warten immer noch 92 stationäre Segler in der
Mauerseglerklinik und zahllose weitere in den angeschlossenen Pflegestellen auf ihre
Gefiedersanierung und letztlich die Freiheit. Für viele ist es das Warten auf ihr persönliches
Wunder, denn leider liegt es in der Natur der Dinge, dass wir nicht jeden retten können.


So schön der Augenblick des Freilassens ist, so ungewiss ist die Zukunft unserer Mauersegler und
Alpensegler. Immer häufiger erhalten wir schwerverletzte Opfer von Nistplatzkämpfen und von
Beutegreifern. Die rücksichtslose Zerstörung ihrer geschützten Niststätten wird unzähligen
Gebäudebrütern zum Verhängnis. Wir verzeichneten in der Saison 2021 einen alarmierenden
Rückgang eingelieferter Mauerseglernestlinge um ein Drittel im Vergleich mit den Vorjahren.
Und nicht jeder Nestling hat so viel Glück wie die Mauerseglerbabies Mila und Momo aus Offenbach!


Deren Eltern betreiben ihr Brutgeschäft seit Jahren in Kooperation mit ihren treusorgenden
menschlichen „Vermietern“. Sie nisten, brüten und versorgen emsig ihre Küken. Nach ein bis zwei Wochen wird es zu anstrengend und zu heiß.
Und dann rutscht ein hitzegeplagtes Küken nach dem anderen aus dem Nest über eine sorgsam konzipierte
Rutsche vom Zwischendach in den Dachboden und wird von einem weichen Ring aus Bettdecken aufgefangen.
Denn die Konstruktion des Dachstuhls macht es unmöglich, den ungeeigneten Nistplatz durch einen Kasten zu ersetzen oder anderweitig zu verhindern, dass die Nestlinge hinausfallen. Die engagierten Vogelfreunde
kontrollieren ihre Auffangkonstruktion regelmäßig und pendeln dann bis zu 3x binnen weniger Tage zur
Mauerseglerklinik, um den diesjährigen Nachwuchs abzuliefern. Wir haben schon sehr viele kleine dicke Milas und Momos aufgezogen und erfolgreich freigelassen! So auch dieses Jahr.

 

Glück im Unglück hatte Altsegler Thanassi aus Bad Homburg.
Sperlinge hatten seinen Nistplatz mit Fäden „zugemüllt“, in denen er sich stranguliert hatte und hilflos
am Einflug festhing. Aufmerksame Nachbarn verständigten die Feuerwehr, die mit zwei großartigen
Einsätzen nicht nur den verletzten Altvogel rettete, sondern auch sein Gelege. Der lebensgefährliche Nistplatz wurde verschlossen und ein Nistkasten genau davor angebracht. Dafür rückte die Feuerwehr sogar noch ein drittes Mal aus! Thanassis Verletzungen wurden in der Mauerseglerklinik behandelt, das Gelege kam in den Brutschrank. Ein Ei erwies sich als taub, doch aus dem zweiten schlüpfte – genau an dem Tag,
als der Elternvogel geheilt wieder freigelassen wurde – sein Baby, Amédée. Es stimmte uns traurig,
dass Amédées Eltern niemals erfahren haben, dass ihr Kind gerettet wurde. Zugleich waren wir voller
Glück und Freude, mitansehen zu können, wie Klein Amédée wuchs und gedieh und natürlich bald auch neue
Geschwister erhielt. In 49 Tagen entwickelte sich das bei Schlupf 2,4 g leichte Würmchen zu
einem prächtigen, willensstarken Jungsegler, der am 20. August 2021 zusammen mit seinen Geschwistern
Flavie und Floki rasant in die Freiheit startete. Wunder gibt es immer wieder …


Auch medizinische Wunder gibt es! Altsegler Elektra aus Bayreuth wurde nach Unfall mit einer
Schultergürtelfraktur eingeliefert: das ist normalerweise Anlass zum Einschläfern, weil betroffene
Segler in der Regel nicht wieder flugfähig werden. Doch bei Elektra, einem sehr ruhigen und
gelassenen Vogel, verwuchs die Fraktur so günstig, dass sie nach intensivem Flugtraining ihre volle
Flugfähigkeit wiedererlangte und an ihren Himmel zurückkehren durfte. Ein solcher Verlauf ist
extrem selten und ein wunderbares Geschenk für Elektra und für uns.


Wir wünschen Ihnen nun von Herzen Ihr privates Weihnachtswunder, wie auch immer es aussehen
mag. Ihnen und all Ihren Lieben schöne Festtage, einen besinnlichen Jahreswechsel und alles Gute,
Gesundheit und Zuversicht für das Jahr 2022. Alle unsere guten Wünsche begleiten Sie, verbunden
mit unserem herzlichsten Dank für Ihre Hilfe und Unterstützung im zurückliegenden Jahr und
einem vielstimmigen Srii-Srii unserer gefiederten Freunde!

Buchenstraße 9
D-65933 Frankfurt

Tel.:+49(69)35 35 15 04
Wir nehmen nur Segler an!

Telefonische Anfragen zu anderen Fundvögeln bearbeiten wir NICHT.

Wenden Sie sich dafür bitte an: Wildvogelhilfe.org/
 
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